Die MTU Aero Engines AG (ISIN: DE000A0D9PT0) ist als MDAX-Unternehmen einer der weltweit führenden Hersteller von Triebwerken, allen damit in Verbindung stehenden Modulen und Komponenten, sowie den dazugehörigen Service- und Instandhaltungsdienstleistungen. Damit kommen die hergestellten Güter sowohl bei großen Flugzeugen als auch Helikoptern zum Einsatz. MTU steht dabei für Motoren- und Turbinen-Union. Heute jedoch hat man sich voll und ganz auf den Bereich der Turbinen für die Luftfahrt konzentriert.

Zu den wichtigsten und gleichermaßen bekanntesten Kunden zählen dabei die großen Flugzeugbauer Airbus und Boeing. Prinzipiell ist jedoch primär essentiell zu verstehen, wie der Ablauf hier funktioniert. In vielen Fällen bilden mehrere Zulieferer eine Art Allianz. Im Rahmen dieser Allianz wird jedem Partner (wie somit auch MTU, soweit sie es schaffen Teil einer solchen Allianz zu werden) gewisse Teilbereiche zugesprochen. Das Maß an Zusammenarbeit ist also nicht gerade klein, die Netzwerkfunktionen sind essentiell und die Schaffung eines Oligopolen Marktes das Resultat.

Eingangs ist natürlich ebenso zu beachten, dass die entwickelten und produzierten Triebwerke auch für militärische eingesetzt werden. Aus diesem Grund bringt das Investment sicherlich auch den ein oder anderen ethischen Gesichtspunkt mit, dessen sich ein Investor bewusst sein sollte.

Auf 2-Jahres-Sicht zeigt der Chart die deutliche Outperformance zum DAX. Im Zuge des BREXIT-Referendums wurde der wichtige SMA (Simply-Moving-Average) nach unten durchbrochen. Dies ist jedoch aufgrund der heftigen Reaktion der Märkte keineswegs auf Einzeltitel, sondern vielmehr auf den Gesamtmarkt zurückzuführen.

Sich in der aktuellen Gemengelage daher die Charttechnik als wirklich einwandfreien Indikator heranzuziehen wirkt auf mich eher fraglich. Generell kann man jedoch sagen, dass MTU in den letzten zwei Jahren bei Rückgängen immer wieder Drawdowns zwischen -13% bis -20% durchgemacht hat. Auf dem aktuellen Kursniveau scheint sich jedoch ein Widerstand abzuzeichnen, der sowohl Mitte März als auch Anfang April und Mai jeweils getestet wurde und standhielt.

Wie gewohnt wollen wir die größte Aufmerksamkeit auf die fundamentale Betrachtung des Unternehmens legen. Dies geht zum einen sowohl quantitativ als auch qualitativ. Ersteres soll den Anfang machen.

  • Bewertung: Auf dem aktuellen Kursniveau erscheint die Bewertung der Aktie leicht unterbewertet. Ein Vergleich mit der durchschnittlichen Bewertung der letzten fünf Jahre macht dies deutlich. So lag das durchschnittliche KGV beispielsweise bei knapp über 20x. Würde man unterstellen, dass Aktien langfristig zu ihrem historischen Durchschnittswert zurücklaufen, so wäre ein fairer Kurs von 113€ gerechtfertigt. Bei Betrachtung des Discounted-Cashflow-Models würden sich der faire Wert auf 104€ belaufen. Dabei werden die aktuellen durchschnittlichen Wachstumsraten auf den Cashflow in die Zukunft fortgeschrieben und mit einem Zinssatz (hier 12%) diskontiert. Alles in allem steigt man bei MTU derzeit nicht zu teuer ein, sollte ein Investment in Frage kommen.
  • Kapitalstruktur: Wie so häufig ist es vor allem die positive Entwicklung, die hier als Fürsprecher agiert. Mit einer EK-Quote von fast 27% notiert man mit Ausnahme von 2013 so hoch wie nie in den letzten 15 Jahren. Die Verschuldung hingegen konnte in den letzten Jahren sukzessive verringert werden. Dafür haben wir uns den Financial Leverage (Nettoverschuldung / EBITDA) angesehen. Mit heute 3,72 gibt dieser an, dass man 3 Jahre und fast 9 Monate benötigt damit das Unternehmen die Nettoverschuldung mit Hilfe der operativen Einnahmen begleichen kann. Ein Wert, der für ein Industrieunternehmen sicherlich in Ordnung geht, aber vor allem deutlich gesenkt werden konnte.
  • Dividende: Diese ist mit über 2% zwar höher als in der Branche, reißt jedoch keine Dividendenjäger vom Hocker. Positiv ist jedoch, dass ein gesundes Verhältnis vom Gewinn ausgeschüttet wird, und dieser Betrag dem Gewinnwachstum jährlich angepasst wird. Wer hingegen auf hohe jährliche Ausschüttungen hofft, der sollte sich primär lieber woanders umschauen.
  • Wachstum & Margen: Die Profitabilität hat in den letzten Jahren stagniert und ist in 2015 sogar leicht gesunken. In den kommenden Jahren soll es hingegen wieder bergauf gehen. Diese Erwartungen konnten im ersten Quartal bereits eindrucksvoll erfüllt werden.  Während die Umsätze auf Vorjahresniveau blieben, konnte der operative Gewinn deutlich gesteigert werden. An der Schraube der Effektivität hat man also eindrucksvoll gedreht. Hinzu kommt, dass ein weiterer attraktiver Gewinnträger deutlich ausgebaut wird. Die Instandhaltung: Damit hat man nicht nur einmalige Umsätze durch die Lieferung von Turbinen, sondern darüber hinaus auch immer wiederkehrende Umsätze. Ein absolutes Plus, dass sich MTU stattlich vergolden lässt.

Auch in den kommenden Jahren soll es in ähnlicher Manier weitergehen. Ein spezieller kritischer Faktor muss hier jedoch auch Erwähnung finden. Das Militärgeschäft ist in den ersten drei Monaten (im Verhältnis zum Vorjahr) deutlich stärker gewachsen als das kommerzielle Geschäft für Passagiermaschinen. Der etwas schwächere Wachstumsbereich hat hingegen einen deutlichen Sprung bei der Marge hingelegt. Somit wächst der umsatzstagnierende Bereich bei der Marge, während der stark wachsende Bereich bei der Marge stagniert.

Der subjektive Betrachtungswinkel

  • Großer Burggraben: Ein Unternehmen gründen, welches nun Triebwerke entwickelt und produziert, direkt ein gutes Standing bei den wenigen wichtigen Kunden hat, und dann auch über das eingangs erwähnte Netzwerk für notwendige Allianzen verfügt ist eine Herausforderung, die sicherlich nicht im Handumdrehen und auch nicht nur mit Geld realisierbar ist. Dadurch entsteht ein gewisser Schutz vor neuen Konkurrenten und somit auch eine Marktmacht gegenüber Kunden. Während vereinfacht gesagt, Stromanbieter ausgetauscht werden können oder Lieferanten von Textilien sich ändern, so ist hier jedoch eine äußerst enge Zusammenarbeit erforderlich. Dieser Fakt ist daher absolut positiv.
  • Investitionsbedarf: Für immer neuere und effizientere Entwicklungen ist viel Kapital notwendig. Vom operativen Cashflow von über 312 Mio. Euro fließen 231 Mio. Euro in neue Investitionen. So beläuft sich der freie Cashflow demnach aktuell auf 81 Mio. Euro. Die hohen Investitionsausgaben waren in der Vergangenheit kontinuierlich der Fall. Die operativ hohen Cashflows hingegen nicht, sodass es wie z.B. in 2012 zu einem äußerst negativen freien Cashflow von -135 Mio. Euro kam. Dies sollte unter Beachtung bleiben. Der Fakt, dass jedoch auch die Barmittel im ersten Quartal deutlich gesteigert werden konnten. Zeigt die richtige Richtung.
  • Konkurrenten & Kunden: Eine hohe Abhängigkeit existiert natürlich zur Performance von Boeing und Airbus. Langfristig haben die Aktien beider Flugzeugbauer deutlich besser abgeschnitten.

Wenn man sich jedoch den kurzfristigeren Blick anschaut, so scheint MTU als ideale Kombination aus beiden zu wirken. Die folgende Grafik gibt dabei einen Einblick in die Supply-Chain. Hier ist erkennbar, dass vor allem die Konkurrenten (unten angezeigt) mit positiven Ergebnissen (in grün gefärbt) überraschen konnten. Dies könnte sich, wie gewohnt auch bei MTU wiederspiegeln.

  • Management: Die Führungsetage ist recht schlank gehalten und durch Konstanz geprägt. Dies sind zwei positive Faktoren, die man gerade als fundamentaler Investor bevorzugt. So gibt es lediglich drei Vorstände für die Bereiche Technik und Programme sowie den Vorsitz.

Im Fazit:

Alles in allem bietet MTU spannende Merkmale, jedoch auch kritische Faktoren. Zu Beginn sollte die moralische Frage gestellt werden, ob ein Investment in einen Zulieferer für u.a. militärische Zwecke ethisch zu vereinbaren ist.

Die Aktie ist derzeit günstig zu erhalten. Die Kapitalstruktur hat sich verbessert und auch das Sorgenkind Profitabilität scheint sich zu machen. Kurz- bis mittelfristig scheint MTU auf den ersten Blick ein besser diversifizierter Kandidat der Luftfahrt zu sein. Auf den langfristigen Blick haben die wichtigsten Kunden den Münchener Turbinenhersteller hingegen abgehängt. Der tiefe Burggraben als Schutz vor neuen Konkurrenten zeigt jedoch die Daseinsberechtigung des Geschäftsmodells. Daher ist ein ausgiebigerer Blick auf die Aktie sicherlich gerechtfertigt.

Ihr Andreas Meyer

 

Sie sind noch kein Mitglied bei Cashkurs*Trends?

Bis zum 23. August 2016 bieten wir Ihnen die Mitgliedschaft bei Cashkurs*Trends zu besonders günstigen Konditionen an: Sie erhalten 30 Prozent Rabatt auf die Erstlaufzeit der regulären Mitgliedschaft, wenn Sie in der Anmeldemaske folgenden Gutschein-Code eingeben: 30CASH2016

Darüber hinaus erhalten Mitglieder von Cashkurs.com bei den Folgelaufzeiten weiterhin 25% Rabatt bei Cashkurs*Trends.

Das nächste Cashkurs*Trends-Webinar findet am Mittwoch, den 6. Juli 2016 um 18 Uhr statt.

 

Quellen: www.greenriver-capital.com, www.bloomberg.com, www.reuters.com, www.morningstar.com, www.mtu.de  


Dirk Müller sowie die Finanzethos GmbH haben sich verpflichtet, den Kodex des Deutschen Presserates für Finanz- und Wirtschaftsjournalisten einzuhalten. Der Verhaltenskodex untersagt die Ausnutzung von Insiderinformationen und regelt den Umgang mit möglichen Interessenkonflikten. Die Einhaltung des Verhaltenskodex wird jährlich überprüft. Dies gilt auch für die für Dirk Müller oder für Finanzethos GmbH tätigen freien Journalisten.

Beitrag senden

Drucken mit Kommentaren?



href="javascript:print();"